Das Leben ist zu kurz
für eintönige Musik.

Platte der Woche

Coverbild: 
KW49 30.11-6.12.15

Unter Eis

Artist: 
Nöe
Erschienen: 
26.11.2015
Label: 
Dingja Records

Herbst 2015. Nachdem Noë nach ihrem Debüt „Ping Pong“ für eine gefühlte Ewigkeit abtauchten, sind sie nun mit „Unter Eis“ zurück:

Bei uns von Montag bis Freitag um 14.15 Uhr bei den Soundchecks in der Ulmer Freiheit und jeden Sonntag um 18 Uhr im Platte der Woche Spezial!

Die Band nahm sich ausreichend Zeit, um das Album zusammen mit Sven Ihlenfeld zu produzieren. Kontrabass, Gitarre, Schlagzeug, Bläser und Gesang wurden nicht wie beim Vorgänger in wenigen Tagen live eingespielt, sondern in mehreren Studiosessions aufgenommen. Die Arrangements der zehn Songs betonen die poetisch abstrakten Texte von Stephan Noë auf so unterschiedliche Weise, dass eine konkrete stilistische Einordnung schwer fällt. Assoziationen spielen beim gesamtenkreativen Prozess eine große Rolle. Texte wie Kompositionen entstehen in produktiver Wechselwirkung miteinander.

Während „Sommer in Berlin“ durch seinen eingängigen Refrain schon fast am Mainstream kratzt und der Band zu Airplays bei Radio Fritz und einem Fernsehauftritt im RBB-Sommergarten verhalf, bringt der Titelsong des Albums ganz andere Saiten zum schwingen. Atmosphärisch ruhig beginnend, sich zu Gitarrenwänden und sich frei spielenden Bläsern hin steigernd, wird in „Unter Eis“ eine zurückgezogene, von den sie umgebenden Geschehen unberührte, erstarrte Gesellschaft beschrieben. Auszug: „Wir haben es uns bequem gemacht in Höhlen unter Eis“. Oder sind es vielleicht doch die Musiker selbst, welche beschützt durch eine dicke Eisschicht, entrückt von der sich immer hastiger drehenden, nach schnellen Ergebnissen rufenden Außenwelt in aller Ruhe an ihrem Album werkeln? Das klingt nach Weltflucht, ist aber vielleicht auch nur eine selbst gewählte Form der Entschleunigung. Ein weiteres Thema ist die Behauptung gegen äußere Widerstände im Leben, die es zu überwinden gilt („Bergschiff“).

Sehr persönlich klingt der Song „Daumenklavier“. Drumcomputer, Klarinette und Kalimba erweitern hier den Bandsound und geben dem Song, der die Zweifel einer sich auflösenden Beziehung thematisiert, eine positive, aber dennoch melancholische Färbung. In den Songs „Zu Heiß“und „Miniaturtastatur“ blitzt die Offbeat und Reggaevergangenheit der Band durch. Wie für Noë-Songs typisch, wird sich hier aber nicht an der Kopie eines Originals abgearbeitet, sondern durch hinzufügen von weiteren Stilistiken eine eigene Klangwelt erschaffen.

In „Schleusenwärter“ geht Noë spontan mit einem Schlauchboot auf die Reise. Von der Spree über die Elbe treibt das Boot ins Meer. Ein Song mit einer eingängige Melodie, der aber subtil seine Eigenständigkeit gegenüber dem Mainstream bewahrt. Die Band kommt mit den neuen Songs durchaus Pop sehr nah, durch ausgefallene Arrangements und die lyrischen Texte heben sie sich aber von der Vielzahl aktueller deutschsprachiger Projekte angenehm ab.

Die Platte der Woche hört Ihr von Montag bis Freitag um 14.15 Uhr bei den Soundchecks in der Ulmer Freiheit und jeden Sonntag um 18 Uhr im Platte der Woche Spezial!

Tracklist:
1 Schleusenwärter
2 Bergschiff
3 Miniaturtastatur
4 Sommer in Berlin
5 Daumenklavier
6 Krakenfänger
7 Der grosse Fang
8 Zu heiß
9 Im freien Fall
10 Unter Eis

Unter Eis spielten ein:
Saxophon: Anna Tsombanis, Max Thum / Posaune
Melodika, Moog, Gesang: Stefan Meinking
Schlagzeug: Puya Shoary
Kontrabass: Michael Büning
Gesang, Gitarre: Stephan Noë
Kalimba, Gesang: Sophia Exiner
Klarinette: Thomas Prestin
Cello: Isabelle Klemt
Bratsche: Katrin Mikiewicz
Geige: Sahra Piorkowsky, Raphael Armin

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