Das Leben ist zu kurz
für eintönige Musik.

Platte der Woche

Coverbild: 
KW 19 10.05-16.05.2021

true story

Artist: 
PM Warson
Erschienen: 
23.04.2021
Label: 
Légère

 

 PM Warson wuchs in Großbritannien in einer Welt nach dem 11. September auf und geriet während der Finanzkrise in die vorstädtische Musiklandschaft aus Heavy Rock, dem Geist der New Wave und den verblassenden Stern des Indie-Booms. Er fand seine eigene Identität im Rhythm & Blues der fünfziger Jahre inspiriert von seiner Familie und von jeglicher subkulturellen Konnotation abstrahiert. Als stilistischer Ausreißer fand er Kameradschaft unter ähnlich veranlagten Kollegen, sparte zwei Sommer direkt für eine Rickenbacker-Gitarre und spielte in einem archetypischen Teenager-Power-Trio. Nach dem Umzug nach London war er eine Weile ohne Band. Der Rickenbacker wurde für ein Archtop verkauft und er vertiefte sich in sein musikalisches Vokabular: Delta Blues, Americana, Early Jazz und Rock'n'Roll. Währenddessen entdeckte er in den Bluesclubs und Soulnächten der Metropole eine neue Kulisse für die Musik.

Ein Zufall brachte ihn in die Vollzeitarbeit als Tourmusiker. Glücklicherweise war Warson unterqualifiziert und absolvierte eine Lehre neben Jazzmusikern und Session-Profis mit Hochschulabschluss. Die unvermeidlichen Off-Days in unbekannten Städten ermöglichten ein erhebliches Vinyl-Crate-Digging zwischen Kaffeepausen und Soundchecks. Er interessierte sich immer mehr für die Produktion und war immer wieder von der Goldenen Ära des Produzierens angezogen. Er freundete sich mit den Eigentümern von Soup Studio an, einer damals rein analogen Einrichtung in der Cable Street. Er begann, das Innenleben einer Studioumgebung zu verstehen und baute ein Netzwerk für die Zukunft auf.

 

 

PM Warson ließ das Konstrukt einer "Band", eines "Singer-Songwriters" und der  Monokultur des zeitgenössischen Musikmachens fallen und begann mit Freunden einen anderen Weg zu gehen. Ohne größere Ambitionen ging es sowohl um den Prozess als auch um das Ergebnis. Der R'n'B der 50er und 60er Jahre standen Pate, um das zunächst baufällige „You Gotta Tell Me“ zur ersten Vinyl-Single werden zu lassen. In der Zwischenzeit erregte ein wildes Cover von „Hit The Road Jack“ die Aufmerksamkeit einer Londoner Agentur. Dazu gehörten House-Band-Sets in Londoner Institutionen wie dem Blues Kitchen, Old Street Records und insbesondere bei der Eröffnung der Mary Quant Fashion Exhibition im V & A Museum. Sein Follow-Up "(Don't) Hold Me Down" war ein erste Durchbruch. Die Mischung aus Garage-R'n'B mit britischem Einschlag, Latin Soul und einem All-Girl-Backing-Chor erwies sich als Erfolgsformel. Die Pressung war innerhalb weniger Tage ausverkauft und begann sich in Clubs von Toronto bis Barcelona zu drehen, auf Discogs stieg ihr Wert kurzzeitig auf schwindelnde Höhen. Das Lied wurde später von Fred Perry für  ihren Kurzfilm „Soul Boy“ genutzt. Danach folgte die erste Single auf Légère Recordings, das orgel-getriebene "Every Day (Every Night)" mit „I Don’t Need No Doctor“ auf der B-Seite.

 

 

Der Abschluss dieses vielleicht der Beginn des nächsten Kapitels ist  nun das Debüt-Album „True Story“. Bereits von dem britischen Soul-DJ-Preisträger Craig Charles in seiner BBC-Radiosendung als „Big for 2021“ gelobt. Vor dem Hintergrund von Club-geschliffenen Rhythmus-Melodien gibt es Blues, Jazz und Swing mit Elementen aus Pop, Soul und Girl-Group-Sound. Es gibt sogar ein Dylan-Cover, interpretiert in einem New Orleans-artigen Lilt und Call-and-Response-Gesang à la The Raelettes. PM Warson produzierte „True Story“ komplett alleine. Die Schlagzeuger Billy Stookes und Mat Swales sind gemeinsam auf dem Titeltrack zu hören. Keyboarder Stephen Large (von Squeeze und Lord Large "Left Right and Center") gehört zu den illustren Gästen; Eine famose Bläser-Section und ein All-Girl-Chor runden den Sound ab.

Für Bandleader PM Warson hat die Platte ein fast filmisches Gefühl, das seinen Sinn für Produktion und sein Gespür für seine Einflüsse hervorhebt. „True Story" wurde gerade rechtzeitig aufgenommen, kurz bevor die Welt in den Lockdown ging. Einige Monate später wurde es in einer ganz anderen Welt mit erheblichen Herausforderungen gemischt. „True Story“ ist ein echter Beweis für Ausdauer, eine klare Vision und der Idee, dass die Wahrheit manchmal im Befund liegt.

 

 

 

  

 

Tracklist: 
1 Losing And Winning
2 Seen You Around
3 In Conversation
4 Say The Word
5 I Don't Need No Doctor
6 (Don't) Hold Me Down
7 True Story
8 To Be Alone With You
9 You Gotta Tell Me
10 (Just) Call My Name

Frühere Platten der Woche