Das Leben ist zu kurz
für eintönige Musik.

Platte der Woche

Coverbild: 
KW20 | 11.05. bis 17.05.2015

Choose Your Weapon

Artist: 
Hiatus Kaiyote
Erschienen: 
07.05.2015
Label: 
Flying Buddha/Sony Masterworks

»Oh. Mein. Gott. Das. Macht. Süchtig. Und das sagt einer, der jeden Tag in Musik badet. Alle Jubeljahre einmal berührt mich etwas so sehr, dass ich keine Freunde mehr kenne, wenn ein derart ZWINGENDES Projekt daherkommt. Und DAS hier ist so ein Projekt.« —Questlove von The Roots »OK. Es hat mich erwischt. Ich bin verliebt.« Erykah Badu. Von Zeit zu Zeit macht eine Band von sich reden, die beim Publikum einen Nerv trifft und das Zeug hat, eine ganze musikalische Bewegung in Gang zu setzen. Die Musik der für den Grammy nominierten Formation Hiatus Kaiyote ist eine perfekte Mischung aus Poesie und Polyrhythmik. Die Band hat gleichsam ein eigenes Ökosystem erschaffen, angefüllt mit Songs, die jeweils eine eigene anschauliche Klangwelt verkörpern.

Das Debütalbum Tawk Tomahawk erschien 2012 wie von Zauberhand auf der Bildfläche, so als ob sich die Wüstenlandschaft für Facetten ferner Länder geöffnet hätte, um der Musik einen unverwechselbaren Charakter zu verleihen. Jeder Song handelt von köstlichen, aber nie zuvor erzählten Geschichten über die Vergangenheit und Zukunft.

Nach der festen Überzeugung aller vier Mitglieder der Band hat sie das Schicksal durch eine Reihe von Zufällen in ihrer Heimatstadt Melbourne zusammengeführt. Die treibende Kraft des Quartetts war Nai Palm, Sängerin und Songwriterin, die den Vorstellungen über den Musikstil der Gruppe („Future Soul“) konkrete Form gab. „Ich wollte schon immer einer Band angehören, aber ich hätte nie gedacht, dass ich sie einmal aus der Taufe heben würde“, meinte sie dazu. Als sie in einem kleinen Club ihrer Heimatstadt mit einer pinkfarbenen und mit Nylonsaiten bespannten Gitarre auftrat, wurde der Bassist Paul Bender auf sie aufmerksam. Ein Jahr später begannen sie mit der Zusammenarbeit an intuitiv gestalteten Kompositionen. Bender holte die vielseitigen Instrumentalisten Perrin Moss (Schlagzeug) und Simon Mavin (Keyboard) mit ins Boot, und damit waren die Weichen für eine dynamische und organische Entwicklung gestellt.

Der Sänger und Produzent Taylor McFerrin lernte Hiatus Kaiyote Anfang 2012 auf einer Australientournee kennen. Die Band war gerade dabei, ihr selbstproduziertes Erstlingswerk Tawk Tomahawk auf Bandcamp herauszubringen, und schon bald war das Album in aller Munde. „Jeder, der mit uns in Berührung kam, rührte dafür die Werbetrommel“, berichtete Nai Palm. „Questlove, Erykah Badu, Pharrell und Prince machten emsig für die Band Reklame. Im In- und Ausland erhielten wir aus dem Kreis der Musiker viel Unterstützung. Das bedeutete uns viel.“ Stereogum stellte Hiatus Kaiyote als „Band mit Zukunft“ heraus und Gilles Peterson erkor ihre Mitglieder zu den erfolgreichsten Nachwuchskünstlern des Jahres 2013.

Während Tawk Tomahawk im Studio von Musikern aufgenommen wurde, die gerade erst dabei waren, sich gegenseitig kennenzulernen und zusammenzufinden, enstand Choose Your Weapon auf Bühnen rund um den Globus als Quintessenz unzähliger Auftritte. Darauf aufbauend, feilte das Quartett im Studio weiter an den Songs und schuf so mit wachsender Lust am Experimentieren erlesene Musikstücke. „Wir sprengen die Genregrenzen“, meinte Nai Palm. „Der Text ist wichtig, aber durch die Art der Gestaltung kann ihn der Zuhörer leicht aufnehmen. Diese Vorgehensweise erfordert mehr Sorgfalt, doch gerade das gefällt mir.“ Das prägende Element ihres Sounds ist eine Ungezwungenheit, die an die unendliche Weite der australischen Landschaft denken lässt. „Ich verspüre ein starkes Gefühl der Verbundenheit mit unserer Heimat”, erklärte Paul Bender. „Alles hat sich deshalb so entwickelt, weil wir dort zu Hause sind, weil wir von dort kommen und dort unseren Platz haben.“

Beispielsweise ist der für einen Grammy nominierte Song ‘Nakamarra’ eine Hommage an ihre australische Identität, weil Nai Palm hier einen Namen der Aborigines aufgreift und die majestätische rote Erde heraufbeschwört, die sie einst als Kind durchstreifte. Man weiß von ihr, dass sie Wiegenlieder für leidende Tiere sang – ein Anflug von Schamanismus, der auch in ihren Texten zu spüren ist. „Eins habe ich gelernt: Es kommt darauf an, das Publikum an unserer Geschichte teilhaben zu lassen“, lautete Nai Palms Fazit.

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