Wer wir sind
und was wir tun.

Historie

 

Brainstorm in der KöWi

Der ausgesuchte Haufen, der sich 1992 in der KöWi traf, bestand nahezu ausschließlich aus ausgesprochenen Musikfanatikern der Jugendkultur. Im WG-Wohnzimmer wurde fortan jede Woche beraten, wie ein freies Radio in Ulm aussehen könnte.

Angesichts der ergiebigen Diskussionsthemen in so manchem selbst verwalteten Club, wie z. B. das Putzen der Toiletten, glaubte keiner so richtig, dass ein 24 h / 365 d nichtkommerzielles Radioprojekt funktionieren könnte. Eigentlich waren wir froh, dass es mit dem Offenen Kanal Rundfunkverein und ihrem angestrebtem Radio Canale Grande (RCG) eine vorhandene Ausrede für uns gab. Die Zusammenkünfte mit denselben waren zwar alles andere als viel versprechend, aber immerhin eine offene Option für unsere Ideen.

Erst als auch der letzte Mohikaner deren Treffen nicht mehr besuchen wollte, wurde es für uns ernst. Ein Besuch bei Radio Dreyeckland (RDL) zeigte, dass die Utopie Wirklichkeit werden könnte. Der Dachverband AFF empfing uns mit offenen Armen („… schön dass es in Ulm auch noch normale Menschen gibt und nicht nur RCG“).

Anlaufstelle Roxy

Startschuss unser heimeliges Wohnzimmer zu verlassen, waren die Informationsveranstaltungen der LfK, die 1994 in allen Ausschreibungsorten durchgeführt wurden. In der Ulmer Volkshochschule stellten wir uns erstmals einem breiteren Publikum und luden für den folgenden Montag in die Cafe Bar im Roxy ein.

Schon die ersten Montagstreffen waren mit 50 Leuten mehr als erwartet besucht. Während Tina Vassiliou-Enz jeden Montag mit den Neuankömmlingen Ideenworkshops veranstaltete, erarbeitete Sabine Fratzke mit der anderen Hälfte kontinuierlich Satzungen, Statuen, Sendepläne.

Mutige Aufbauarbeit – Langeweile hemmer ned

Obwohl wir weder Räume, Verein, Geld, geschweige denn eine Lizenz hatten, kauften wir unter fachkundiger Beratung von BC und Rudolf Arnold Sendetechnik von RTL Reutlingen und lagerten es in den Räumen der Medienoperative ein. Folker Dutzmann machte sich auf den Weg Räume anzumieten, die schließlich in einer kleinen Wohnung in der Platzgasse 20 gefunden wurden.

Das Arbeitsamt Ulm genehmigte drei ABM-Stellen und die Ulmer Volkshochschule führte im Auftrag der LfK Radioworkshops durch, die von Sabine organisiert wurden. Die ersten ABM-Stellen wurden mit Kirsten Jakob (Greenpeace), Phillip André (ex taz Mitarbeiter) und Werner Pranzas besetzt. Letzteren ersetzen wir bald schon durch den Politikwissenschaftler Jürgen Staiger.

Michel Menzel und Thomas Schrecker (beide RDL) gaben sich fortan alle Mühe ihr Wissen zur Rechtslage und ihre Erfahrungen mit Organisationsstrukturen an uns weiter zu geben um aus den Ansammlungen lustiger Ideen Satzungen, GmbH Verträge, Sendekonzepte, Ausbildungsprogramme und Lizenzanträge zimmern zu können.
 


Clemens Grote Sprach-Purist und Mikro-Aktivist der ersten Stunde produzierte bereits Features als noch nicht mal ein Tonband gekauft war.
 
 
Die Jugendstiftung Baden-Württemberg, der Stadtjugendring Ulm und die Gewerkschaften ermöglichten durch ihre finanzielle großzügige Unterstützung erste Schritte.

Weitere 40 Institutionen konnten als Mitglieder gewonnen werden. Überall in der Stadt waren Mitgliederwerber*innen unterwegs, sprachen Menschen an und waren sich für keine Aktion zu blöde - sei es im Tauchanzug bei Regen im Ulmer Zelt oder im Uhura Star Trek Outfit auf der Donauwiese.

Promoter Frank Maier machte sich derweil in der Musiklandschaft stark, so dass wir schon sehr bald aus dem gesamten Bundesgebiet bemustert wurden. Gemeinsam mit den zahlreichen Musikexpert*innen entwickelte er Sendekonzepte und Methoden, die eine gleich bleibend gute Musikauswahl auch bei weniger musikalisch bewanderten Redakteur*innen garantieren sollten.

Wann immer wir auf ein Bier zusammen saßen entstanden neue Ideen z. B. für Jingles, die oft sofort umgesetzt wurden.

Lizenzgeplänkel - alles hat ein Ende nur die Wurst hat zwei

Schließlich war ein neuer Meilenstein gekommen: Zum Antragschluss reiste Ulrike Arnold mit Papa Rudolf zur Übergabe des Lizenzantrags nach Stuttgart.

Eine Einigung mit RCG war nicht in Sicht, zu unterschiedlich die Konzepte. Die Spannung stieg und schließlich entschied sich die LfK für den Aufteilungsvorschlag von Radio free FM verminderte die, in unserem Konzept für RCG vorgesehene Zeit um weitere 6 Stunden und lizenzierte Radio free FM für den größten Teil der ausgeschriebenen 100 Watt-Mini-Frequenz, die fast nur im Ulmer und Neu-Ulmer Stadtgebiet zu empfangen war. (Womit Sabine die nächsten 8 Jahre lang werktäglich zweimal und sonntags einmal für zwei Stunden daran erinnert werden sollte, nie zu niedrig in einen Frequenzpoker einzusteigen … )

Von 0 auf 100,8

Am 17. Juni 1995 kam der Tag auf den alle hingefiebert hatten, der Tag an den keiner mehr so richtig geglaubt hatte: In einer wohnzimmerähnlichen Rumpelkammer ging das rote ON AIR Licht an und eine völlig überdrehte Moderatorin (Sabine Fratzke) verkündete der ganzen Stadt: "Hier ist FreeFM auf (damals noch) 100,8 Mhz".




Und damit begannen die verrückten Tage auf dem Äther über Ulm.

Eine Gruppe 17jähriger 90er-Girls drehten durch und East Seventeen den Gar aus. Sie nannten sich fortan selbst Ost17 und berichteten wöchentlich über das coolste von der ersten Liebe bis Zuhause ausgezogen. Die Umweltredaktion gründete das Unternehmen Friedemann Grün und überließ der Firma freundlicherweise den Sendeplatz. Die Firma revanchierte sich und engagierte sich gegen Genmais, Müllverbrennungsanlagen, CastorTransporte, gab Verbrauchertips und stellte Umweltinitativen vor. Kinder kamen an die Macht - Mikrowelle macht's möglich. Sie fragten nach Walen und anderen Tieren. Ein Heer von Arbeitslosen fand Arbeit als ehrenamtliche Moderator*innen und sämtliche Ulmer Meister der Plattenteller erzählen seit jenem denkwürdigen Tag jeden Abend Gute-Nacht-Geschichten über, unter und zwischen Musikstückchen und deren Interpret*innen.

 

10 Jahre Radio free FM

 

20 Jahre und noch mehr

Warum wir bereits am ersten Montag nach Sendestart einen Gerichtstermin hatten oder wie wir später die alte AFN Frequenz 102,6 MHz ergatterten oder wie es uns gelang 20 Sender für eine Live-Übertragung aus dem Kölner electro bunker zusammenzuschalten oder wie viel Spaß wir mit Igelbändern hatten, warum Jens nachts um eins die Tür im Studio von innen zu halten musste (damit die Nachbarn das Studio nicht stürmen konnten) oder warum bei Radio free FM ständig jemand auf der Suche nach dem Scharping war, das könnt ihr gerne in unserer Chronologie nachlesen (coming soon!) oder kommt doch mal einfach mal vorbei und sprecht selbst mit uns.

Seit dem 01.01.2004 befinden wir uns mit einer 24 Stunden / 365 Tage Voll-Lizenzierung und seit dem 01.01.2015 in der vierten Lizenzperiode für die 102,6 MHz in Ulm.

(Text: Sabine Fratzke)