Das Leben ist zu kurz
für eintönige Musik.

Platte der Woche

Coverbild: 
KW 26 23.06. - 29.06.2025

Necessary Fictions

Artist: 
GoGo Penguin
Erschienen: 
20.06.2025
Label: 
XXIM

Das neue Album zeigt, wie Pianist Chris Illingworth, Bassist Nick Blacka und Schlagzeuger Jon Scott, aktuell in sich gehen, um „das zu erreichen, was wir in diesem Moment als unsere wesentlichen, authentischen Qualitäten empfinden“, so Nick Blacka. Das führt beispielsweise zu verstärkten Einsatz modularer Synthesizer in ihren Sound. GoGo Penguin, zu denen seit der Pandemie der Schlagzeuger Jon Scott gehört, luden erstmals einige Gastmusiker für ihr neues Albumprojekt dazu: das achtköpfige Streicherensemble Manchester Collective unter der Leitung der künstlerischen Direktorin und Geigerin Rakhi Singh sowie den Singer-Songwriter Daudi Matsiko. „Necessary Fictions“ wurde so ein Album voller ambitionierter neuer Entwicklungen – von einer Band, die vollkommen im Reinen mit sich selbst ist: selbstbewusst genug, um sich auf Zusammenarbeit einzulassen, gespannt darauf, wohin die Reise als Nächstes geht, und voller Lust, Spaß dabei zu haben. „Mir ist sehr bewusst aufgefallen, wie oft ich im Studio beim Aufnehmen gelächelt habe“, sagt Illingworth, „und ich lächle jetzt gerade, wenn ich nur daran denke. Ich hoffe, diese Energie überträgt sich auf die Menschen.“

Für „Necessary Fictions“ konnten sie ihr eigenes Studio in Manchester in einen stimmungsvollen Treffpunkt verwandeln – einen angenehmen Ort, an dem man gerne Zeit verbringt, mit Kunstwerken, Fotografien und anderen Bildern an den Wänden, die als Anregung und Inspiration dienten. Illingworth und Blacka waren dort so gut wie jeden Tag über zwölf Monate hinweg im Jahr 2024; dann kam Scott, der in London lebt, nach Manchester, um mit den beiden festen Größen von GGP zu arbeiten, sobald sie bereit für seinen rhythmischen Input waren. Der Titel des Albums stammt aus dem Buch „The Middle Passage - From Misery to Meaning in Midlife“ des Psychoanalytikers James Hollis, das, wie Nick sagt, „sehr jungsche Sachen über das Schatten-Ich und verborgene Persona präsentiert. Man fängt an zu denken, ‚Moment mal, da ist ein authentisches Ich, tief drinnen irgendwo!‘“. „Musikalisch,“ ergänzt er, „war es der gleiche Prozess, die gleiche Reise, einige der Dinge abzulegen, an die wir uns gewöhnt hatten und die uns zurückhielten.“ Der gesamte Veränderungsprozess ihrer musikalischen Entwicklung wird von einem Track auf „Necessary Fictions“ zusammengefasst, der bezeichnenderweise den Titel „What We Are And What We Are Meant To Be“ trägt. „Es ist wirklich einfach, wirklich melodisch“, erklärt Nick. „Es ist kein Showoff, wie ‚Hey, schaut mal, was für Skills wir haben und wie großartig wir sind!‘ Es gibt nicht einmal Improvisation darin. Bassmäßig hat es einfach einen Bass-Synthesizer wie ein Dance-Track. Ein Teil von mir denkt immer noch: ‚Was werden die Leute denken?‘ Dann gibt es einen anderen Teil, der einfach denkt: ‚Was soll‘s, die können denken, was sie wollen! Das ist das, was wir gerade machen wollen, und es fühlt sich authentisch an.‘“

Für Chris Illingworth hingegen bestand ihre Reise darin, weiter in eine Welt vorzudringen, die ihn immer schon angezogen hat, nämlich Synthesizer. „Ich bin früher oft live zu Leuten gegangen, die auftraten, wie Underworld, The Prodigy, Orbital, sogar Nine Inch Nails, und ich habe all ihr Equipment auf der Bühne gesehen, und ein Teil von mir dachte: ‚Verdammt, das sieht nach Spaß aus!‘“ Illingworth und Blacka blieben jedoch weiterhin äußerst vorsichtig, was das willkürliche Einfügen von schrillen Sounds betrifft. „Wir wollten nicht, dass es wie ein Gimmick wirkt“, erklärt Chris. „Es musste einen Grund geben – und für uns war das der Wunsch, an bestimmten Stellen den Charakter der Musik zu verändern.“ GoGo Penguin hatte schon immer einen erzählerischen, filmischen Ansatz in ihrer Musik – weit entfernt von simplen Strophe-Refrain-Strukturen, inspiriert von Debussys „Préludes“ bis hin zu Underworlds „Pearl’s Girl“. Auf „Necessary Fictions“ nimmt diese Klang-Erzählkunst nun deutlich größere Dimensionen an – mit spürbar mehr Raffinesse. GoGo Penguin graben nun selbstbewusst tief in sich hinein, um ihr bestes Selbst hervorzubringen und andere Talente in ihre harmonische Klangwelt einzubeziehen. Mit „Necessary Fictions“ bewegen sich die Drei auf neuen Pfaden – und ja, es ist völlig in Ordnung, dabei zu lächeln.

Tracklist: 
1Umbra
2Fallowfield Loops
3Forgive the Damages (feat. Daudi Matsiko)
4What We Are and What We Are Meant to Be
5Background Hiss Reminds Me of Rain
6The Turn Within
7Living Bricks in Dead Mortar
8Naga Ghost
9Luminous Giants (feat. Rakhi Singh and Manchester Collective)
10Float (Loi Krathong, 2003)
11State of Flux (feat. Manchester Collective)
12Silence Speaks

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